„Dreh’ den Stern…“ – ein kleines Wortreich für René Talbot
von Peter Grohmann
Ach, Rene! Du warst ja mal unser Erster Sekretär im Sozialistischen Zentrum in Stuttgart, in den Siebziger Jahren des von uns gegagenen Jahrhunderts. Das war sogar ein „Regionalbüro”, undogmatisch, offen und frei wie Du. Stuttgart war uns zu klein, die DKP zu dumm, die Maoisten zu schräg. Aber so so oder so: Der Russe war uns nicht geheuer, Eugen Eberle hatte uns gewarnt, Fritz Lamm und Rose Acker sowieso. Der Russe, meintest du würde so eine Stadt wie Stuttgart mit Kusshand nehmen. Daimler für umme- samt linken Betriebsräten! Jedem Genossen im ZK der KPDSU einen Porsche. Soweit mir bekannt, gehörten dem ZK keine Frauen an. Aber für die hätte es damals, weil wir nicht soviel wussten wie heute, einen Kühlschrank gegeben, wenn die Russen gekommen wären. Bosch und Bauknecht – alles Stuttgart! Jeder Russin einen Kühlschrank, Mensch, Rene, dann würde es ja eventull noch die glorreiche UdSSR geben, wg. Wohlstand und so und Baden-Württemberg wäre ein Vorort von Leningrad. Aber ich erinnere mich dunkel: Da hattest Du Schiss! Du wolltest als Kandidat für den Posten des Oberbürgermeisters in einem Rutsch die Stadt bewalden, grün machen. Die Russischen Aufklärer hätten also nichts gesehen – kein Stuttgart, nix, nur eine einzige grüne Lunge oder so. Alles grün, wie jetzt. Wie gut, dass Du auswärts wohnst. Jetzt dreh’ den Stern! Ganz herzlich,
Dein älterer Freund Peter
Dreh den Stern
wie Du ihn magst
lass nie Hoffnung fahren
Stehe auf
und fang den Wind
Kannst das Leben haben
Wend‘ den Stein
und werf dem Sturm
Deine Stirn entgegen
Blick nach vorn
in blaue Himmel
Schau das Sonnenlachen
Bleibe hier
und eil voraus
Hol den Frühling heimwärts
Zur Absage meiner 70. Geburtstagsfeier schreibt Peter mir:
lieber rene
vielen dank für deinen aufklärerischen und aufklärenden
breif aus dem september.
er hat uns gut gefallen und etliches neues gebracht,
wichtiges, an das wir uns hoffentlich wieder und wieder
erinnern
es klingt da resignation mit, ich spüre sie auch
bei meinem tun, zugleich lassen aber doch
(ein wunder) die kräfte nach. nächsten montag
werde ich 88. AHA.
so flüchte ich mich in noch mehr arbeit,
– vielleicht glaube ich das mit derm „mehr“
aber auch nur, weil vieles schwerer fällt und
die schläfe längen dauern und die träume
mehr werden und zeitweise rumalpen
mein rezept gegen alle unbillen ist
das gleichgewicht im kopfe – zu wissen,
dass ich das meine getan habe, oft nicht
gut genug im nachsehen, was war,
die irrtümer sind intersssant, aber sie
sind letztlich doch nicht so, dass ich
verzweifeln müsst
egal – das tun hilf mir, ohne die
erwartung, dass es (anderen) nützt
oder zu etwss nutze ist – ausser
für mich, – weil ich meist freude dabei
empfinde. meist. das hilft gegen
kopfhängereien.
lass es dir gut gehen!!!
herzlich, dein
peter-grohmann@die-anstifter.de